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Slavisches Seminar

Albanisch im Kontakt

Albanisch im Kontakt. Horizontaler Transfer und Identitätsstiftung in der Mehrsprachigkeitspraxis (SNF, DFG)

Laufzeit: 2019 - 2022

Sprachenvielfalt und Mehrsprachigkeit sind zentrale Begriffe der schweizerischen Sprachpolitik und Sprachlandschaft und betreffen auch Herkunftssprachen von Migrantengruppen. Obwohl albanischsprachige Gemeinschaften (meist aus Kosovo und aus Mazedonien) seit den 1980er Jahren zu den grössten Migrantengruppen im deutschen Sprachraum und speziell in der Schweiz zählen, ist über die Sprache und das sprachliche Verhalten dieser mittlerweile mehrere Generationen umfassenden Sprechergemeinschaft trotz bedeutender Pionierwerke (Caprez- Krompàk & Selimi 2006; Schader 2006; Schader 2009; Schader & Hotz 2016; Selimi 2013) noch wenig bekannt. Angesichts der Tatsache, dass gesellschaftliche und wirtschaftliche Integration und Teilhabe sowie Identitätsbildung unentflechtbar mit Sprache, ermöglichter und geförderter Sprachpraxis und Sprachbewusstsein verbunden sind und immer waren, stellt die Untersuchung der herkunftssprachlichen Praxis und ihrer Interaktion mit den neuen Mehrheitssprachen ein dringendes Desiderat dar.

In diesem Projekt wird ein umfassendes Bild der sprachlichen Praxis der Herkunftssprachensprecher des Albanischen und der verwendeten Sprache(n) über die Zeit und in diversen Kon- taktsituationen erarbeitet, indem Ansätze und Methoden der Herkunftssprachlinguistik und -didaktik mit solchen der Kontakt-, Sozio- und Variationslinguistik kombiniert werden. Die Verbindung dieser Zugänge ermöglicht a) akteurzentrierte bottom-up Einblicke in kontaktinduzierte Spezifikation von Merkmalen (Bewahrung oder Veränderung), die ihrerseits die Voraussetzung für die Modellierung von Sprachkontakt in der Sprachgeschichte und Sprachevolution darstellen, und b) die Entwicklung anwendungsorientierter Lösungen für die Pflege von Herkunftssprache als Instrument der Integration via gesellschaftlicher Teilhabe und zur Stärkung der im heutigen Europa unentbehrlichen Mehrsprachigkeit. Zu allen Bereichen existieren substantielle Vorarbeiten, doch fehlen sowohl in der Herkunftssprachlinguistik und -didaktik und der Kontaktlinguistik belastbare Studien über längere Zeitverläufe unter maximal kontrollierten soziokulturellen Bedingungen. Dies betrifft neben Untersuchungen zum Albanischen als Herkunftssprache in deutschsprachiger Umgebung und den diversen Kontakterscheinungen in den beteiligten Varietäten, auch das mikroperspektivische Nachzeichnen der soziokulturellen Motivation und sprachlichen Prozesse bei Sprachentwicklung in spezifischen Kontaktkonfigurationen.

Die sprachlichen Daten werden in drei Sprechergenerationen anhand verschiedener Stimuli elizitiert und in Familiennetzwerken sowie mit crowd sourcing erhoben, soziokulturelle Information mittels biographischer und narrativer Interviews gewonnen. Die Texte werden durch Linguisten und im crowd sourcing-Verfahren durch Herkunftssprachensprecher doppelt kodiert; für letztere können so zugleich Sprachbewusstsein und die Einstellung zur Herkunftssprache erhoben werden. Die entstehenden soziolinguistischen Sprecherprofile und Spracheinstellungen werden mit den sprachlichen Daten korreliert. Anhand der Veränderungen der Sprachstruktur über die Sprechergenerationen hinweg werden somit qualitativ und quantitativ Kontakteffekte unter gut kontrollierbaren Bedingungen extrahiert und evaluiert.

Die Verbindung struktur- und soziolinguistischer Ansätze für eine umfassende Analyse der linguistischen, soziokulturellen und gesellschaftspolitischen Relevanz herkunftssprachlicher Aspekte verspricht in dieser Kombination und für alle genannten disziplinären Perspektiven einen signifikanten wissenschaftlichen Erkenntnisgewinn sowie anwendungsorientierte Produkte in Form von didaktischen und pädagogischen Materialien. Konkret werden für die Kontaktlinguistik empirische Daten zur Abschätzung von Kontakteinfluss für phylogenetische Modelle zur Verfügung gestellt, sowie Unterrichtsmaterialien für den Herkunftssprachunterricht erstellt. Die Resultate werden in Form von Qualifikationsschriften, wissenschaftlichen Publikationen, Infobroschüren und Webauftritten verbreitet, die erhobenen Daten auf geeigneten Repositorien (DaSCH) deponiert und verfügbar gemacht.

Projektleitung: Prof. Barbara Sonnenhauser, Prof. Dr. Claudia Riehl (LMU München)
Kooperationspartner: Prof. Dr. Paul Widmer (UZH)
Wissenschaftliche Mitarbeitende: Dr. Naxhi Selimi (PHSZ), MA Shpresa Jashari
Doktorandin: MA Kelmendi Blerina (LMU), MA Adrian Kuqi (UZH)
Studentische Mitarbeitende: Lule Adili, Vlora Berisha (LMU), BA Mimoza Avdiji, BA Ariana Dragusha, MA Amazona Hasani (LMU), BA Artan Islamaj, MA Melita Lajqi, BA Nadja Näf, BA Philip Neumair (LMU), BA Ivana Paust (LMU), BA Dafina Salihu, BA Manuela Troxler

 

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