Navigation auf uzh.ch
In 1932, the Central Committee of the Communist Party issued the resolution "On the Restructuring of Literary and Arts Organizations." This resolution put an end to the coexistence of aesthetically different groups and associations of writers and artists that had been common during the 1920s, and instead, led to the establishment of the monopoly of Socialist Realism in 1934. Ironically, this resolution unwittingly created a rich literary and artistic production of underground intellectuals, known as the Soviet underground, during an era of political and aesthetic censorship in the Soviet Union.
The Oxford Handbook of Soviet Underground Culture is the first comprehensive English-language volume covering a history of Soviet artistic and literary underground. In forty-four chapters, an international group of leading scholars introduce readers to a web of subcultures within the underground, highlight the culture achievements of the Soviet underground from the 1930s through the 1980s, emphasize the multimediality of this cultural phenomenon, and situate the study of underground literary texts and artworks into their broader theoretical, ideological, and political contexts. The volume presents readers with several approaches to mapping the underground that include chapters on nonconformist cultures in Ukraine, Belarus, Baltic countries, Central Asia, and provincial cities of Russian Federation. Finally, the volume also provides an analysis of groups shaped around religious and cultural identity, as well as queer and feminist underground circles.
Edited by Mark Lipovetsky, Maria Engström, Tomáš Glanc, Ilja Kukuj, and Klavdia Smola. Oxford University Press 2024, 1080 Pages, ISBN: 9780197508213.
Seit den 1960er Jahren wird in der Theorie, den Künsten sowie im politischen Aktivismus die gängige Form des "Widerstands durch Neinsagen" zunehmend als nicht ausreichend abgelehnt. Macht sich eine Kritik, die auf Negation beruht, nicht abhängig von jenem System, das sie überwinden will? Bleibt sie nicht in einem Denken von Oppositionen gefangen?
Mit Formulierungen wie 'subversive Affirmation', 'negative Affirmation', 'Scheinaffirmation', 'affirmative Übercodierung', 'Hyperaffirmation', 'Überidentifikation', 'Paradoxe Intervention', 'Symptomverordnung', 'Revolution des Ja', 'affirmative Sabotage' oder 'Counter-Mimicry' wurde von ganz unterschiedlichen Seiten aus der Versuch unternommen, eine affirmative Kritik zu entwickeln, die nicht nur Negation überwindet, sondern auch den Unterschied zwischen bewusster Zustimmung und Konformität, Kapitulation, Gleichgültigkeit oder Pragmatismus bewusst macht.
Sylvia Sasse analysiert in ihrem Buch subversive Affirmation als kritische Praxis in unterschiedlichen politischen Systemen. Sie fragt nach der Wirksamkeit einer solchen Kritik und nach ihrer Aktualität in einer Zeit, in der sich verschiedene politische Akteur:innen subversive Affirmation aneignen und nicht mehr als Verfahren der Kritik verwenden.
Sylvia Sasse: Subversive Affirmation. Kritik der Kritik revisited, Zürich, Berlin: diaphenes 2024, Broschur, 336 Seiten.
In der frühen Sowjetunion kursierten zahlreiche Broschüren mit Gerichtstheaterstücken, in denen Alkoholiker, Wunderheilerinnen, Mücken oder gar Gott vor Gericht standen. Die teils komischen, teils grotesken Stücke, die Laien in Dörfern oder Fabriken aufführten, offenbaren eine für die postrevolutionären 1920er Jahre typische Ambivalenz: Sie oszillieren zwischen Ideen der Selbstermächtigung und einem brutalen Projekt der Disziplinierung und Säuberung. Gianna Frölicher zeigt, wie in diesem Genre im Zuge der Totalitarisierung unter Stalin die Grenzen zwischen Theater und Gericht zunehmend verschwinden – bis das Gerichtstheater zu Beginn der 1930er Jahre lautlos in eine theatrale Justiz übergeht.
Gianna Frölicher: Sowjetisches Gerichtstheater. Zur Rolle von Theater und Gericht in der frühen Sowjetzeit, transcript 2024, 248 Seiten.
Erschienen ist die digitale Neuauflage von VIDEOS aus der MOSKAUER LITERATUR- UND KUNSTSZENE von 1985, mit historischen (ersten) Aufnahmen von Aktionen (KD/Kollektive Aktionen), Lesungen (Dmitrij Prigov, Lev Rubinštein), Atelierbesuchen (Ilya Kabakov, Erik Bulatov, Irina Nakhova, Ivan Chujkov u.a.), Episoden aus der jungen Szene rund um die "Apt-Art"-Ausstellungen (Nikita Alekseev, Vadim Zacharov, Muchomory) und anderen. Die Videos sind sowohl in englischer als auch in deutscher Sprache untertitelt. Die Broschüren sind in drei Sprachen (Russisch, Englisch, Deutsch) erschienen. Hg. von Sabine Hänsgen und Georg Witte, mit Unterstützung des ERC-Projektes „Performance Art in Eastern Europe“.
Edition S-Press, https://www.edition-s-press.com/?fbclid=IwAR0tZbnNIKs4Mst9xRM5JL9FXPjKfPmJQ4FQpd8cW453iQ-pVsYwP7keGQ4
Spätestens seit ein faschistisch agierendes politisches System einen Krieg mittels »Entnazifizierung« rechtfertigt, ist klar: Verkehrungen ins Gegenteil sind eine allgegenwärtige Machttechnik. Doch nicht erst mit Putins autokratischem Regime, nicht erst durch Verschwörungstheorien oder Trumps Versuch, Fakten konsequent als Lüge zu deuten, können wir Verkehrungen beobachten. Wie Sylvia Sasse mit berückendem Blick nachweist, ist die Geschichte vielmehr voll von politischen wie medialen Strategien zur Erschaffung verkehrter Welten – und die Verkehrung ins Gegenteil ein direkter Angriff auf Differenz und Demokratie.
Sylvia Sasse: Verkehrungen ins Gegenteil. Über Subversion als Machttechnik, Matthes & Seitz Berlin 2023, Broschur 187 Seiten.
In Armenien, Georgien und Kirgistan, in den russischen Teilrepubliken Dagestan und Inguschetien, in Belarus und Russland begibt sich Victoria Lomasko mit ihren Reisereportagen auf die Suche danach, was aus dem sowjetischen Erbe geworden ist. Sie verbindet dabei äussere Ereignisse mit persönlichen Empfindungen und Kommentaren und beschreibt die gesellschaftlichen Transformationsprozesse in den ehemaligen Sowjetrepubliken: den Kampf für die Rechte von Frauen und LGBTQ-Personen in zutiefst patriarchalen Gesellschaften, die schmerzhaften Nachwirkungen ethnischer Zwangsumsiedlungen unter Stalin, den finalen Wandel von Putins totalitärem Regime zu einer Diktatur. Durch ihre einzigartige künstlerische Form des Dokumentierens führt Lomasko Wahrnehmung und Erfahrung zusammen und erzeugt so Bilder für eine ungesehene Gegenwart, über die derzeit vielleicht nur im anonymisierenden Medium der Zeichnung adäquat berichtet werden kann.
Sandra Frimmel hat das Buch aus dem Russischen übersetzt und ein Nachwort geschrieben.
Diaphanes 2023, Broschur, 288 Seiten. Weitere Informationen finden Sie hier.
Subversion does not belong to anyone. It can come from artists who outwit the state or from intelligence agencies who infiltrate the art scene on behalf of the state. But what happens when the two sides meet? After the old state security archives in many Eastern European countries were opened, it became possible for this interaction to be studied in detail. Drawing on scientific essays and artistic contributions, the book shows how the secret police monitored happenings, performance art, and action art and looks at the debates they had about the new art form; it also demonstrates not only how the police documented artistic actions in detail using forensic techniques but also how they manipulated them and sought to thwart them with counter-actions. In addition to this, the book also reveals how artists dealt with the possibility that they were being observed by the secret police and how they now work with the material stored in the archives maintained by the intelligence services. 686 pp. with numerous black-white and colour illustrations, Leipzig January, 2023.