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Slavisches Seminar

(Un-)Recht Inszenieren. Weltpremiere von Nikolaj Evreinovs "Schritte der Nemesis"

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Das SNF-Forschungsprojekt (Agora) rund um Nikolaj Evreinovs Theaterstück "Die Schritte der Nemesis. Dramatische Chronik aus dem Parteileben der UdSSR (1936-1938) in 6 Bildern" möchte dieses in Vergessenheit geratene Stück zum einen ins Deutsche und ins Englische übersetzen und zum anderen eine Uraufführung des Stückes realisieren. Die Regisseurin Yuri Birte Anderson wird das Stück im Juni 2022 im Staatstheater Braunschweig inszenieren, parallel wird an der Uni Zürich ein Seminar zum Thema stattfinden.

Die Uraufführung und Übersetzung des Stückes, das Evreinov im Pariser Exil anhand der Protokolle der Schauprozesse verfasst hat, setzt die Beschäftigung mit dem Theatertheoretiker und Regisseur Nikolaj Evreinov am Slavischen Seminar der Uni Zürich fort. Hier wurde bereits die theatertheoretische Schrift "Theater für sich" (Teatr dlja sebja) sowie zahlreiche Texte rund um das Massenspektakel "Sturm auf den Winterpalast" (Vzjatie Zimnego dvorca"), bei dem Evreinov leitender Regisseur war, übersetzt und veröffentlicht. Sylvia Sasse, Inke Arns und Igor' Chubarov haben zudem anlässlich des 100. Jahrestags der Oktoberrevolution auch eine Ausstellung zum theatralen "Sturm auf den Winterpalast" von 1920 kuratiert.

Nun soll ein Stück, geschrieben 1939, publiziert auf Russisch in Paris 1956, übersetzt und aufgeführt werden, das Evreinov als Antwort auf die Schauprozesse verfasst hat. Evreinov stellte dabei nicht die Gerichtsprozesse selbst in den Vordergrund, sondern den Blick hinter die Kulissen. Was passiert, wenn man hinter die Kulissen schaut? Was findet im Verborgenen statt? Seine theatrale Spekulation zeigt, dass hinter dem Theater noch ein anderes Theater liegt, eine Art Schmierentheater, private Intrigen, die den Terror in der Sowjetunion anheizen.

Solch ein Blick hinter die Kulissen ist heute auch aus Serien wie "House of Cards" bekannt, in dem nicht nur das von der Macht Verborgene "gezeigt" wird, sondern auch die Lust der Zuschauer, hinter den Vorhang zu schauen. Schon Evreinov fragte in seinem Stück, warum man sich das anschaue, warum man sich von den Schauprozessen unterhalten lasse?

Die Inszenierung entsteht als mehrsprachiges Projekt. Die Regisseurin Yuri Birte Anderson realisiert seit 2006 (oft mehrsprachige) Theaterprojekte u.a. am Theaterlabor Bielefeld, aber auch in England, Schottland, Frankreich, Polen, Schweden, Serbien und der Ukraine.

 

Mitarbeitende: Prof. Dr. Sylvia Sasse, Yuri Birte Anderson

Premiere am 4.6.2022 am Staatstheater Braunschweig

Video Nemesis

Kooperation mit der UZH und dem International Laboratory Ensemble

Regie: Yuri Birte Anderson

Alle Termine:

Samstag, 4.6.2022, 19:30, Kleines Haus (Premiere)

Montag, 6.6.2022, 19:30, Kleines Haus

Montag, 9.6.2022, 19:30, Kleines Haus

Freitag, 17.6., 19:30, Kleines Haus

Samstag, 18.6.2022, Kleines Haus

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Weiterführende Informationen

Theater für sich

Nikolaj Evreinov, Schritte der Nemesis,

Mehr zu Nikolaj Evreinov, Schritte der Nemesis,

aus dem Russischen von Regine Kühn, hg. und eingeleitet von Gleb J. Albert und Sylvia Sasse, diaphanes 2022.

Faltblatt

Faltblatt

vom Staatstheater Braunschweig mit Texten von Sylvia Sasse, Yuri Birte Anderson und Gleb Albert

Rezensionen

"Nichts könnte derzeit aktueller sein, als Nikolai Evreinovs Stück "Die Schritte der Nemesis" von 1941 über die Moskauer Schauprozesse, das Yuri Birte Anderson jetzt in Braunschweig inszeniert hat, meint die FAZ." (Perlentaucher)

 

"So ist die „Nemesis“, deren Übersetzung gerade hervorragend editiert im Diaphanes-Verlag erschienen ist, ein beklemmendes Lehrstück über die gesellschaftlichen und psychologischen Auswirkungen einer von Propaganda inszenierten und durch Einschüchterung geprägten Realität. In Zeiten russischer Kriegspropaganda, die von „Entnazifizierung“ schwafelt und Oppositionelle mit konstruierten Vorwürfen vor Gericht zerrt, ist es ein Stück von bitterer Aktualität." (FAZ)

 

"Der russische Dramatiker und Regisseur Nikolaj Evreinov war ein früher Anhänger des Reenactments. Über die Stalinistischen Schausprozesse schrieb er das Stück "Die Schritte der Nemesis". Regisseurin Yuri Birte Anderson macht daraus ein großes Lehrstück über Wahrheits-Manipulation und die Macht des Storytelling." (Nachtkritik)

 

"Eine sehr späte Uraufführung und eine sehr beklemmende Aktualität: Nikolaj Evreinovs Stück über die Moskauer Schauprozesse 1936-38 zeigt so drastisch klar, wie mit Wirklichkeitsinszenierungen Propaganda gemacht wird, dass man nur ein paar Namen austauschen müsste und es könnte für heute geschrieben sein: Sagen wir Putin statt Stalin, nennen wir das Giftanschlagsopfer Nawalny, und beziehen wir die Säuberungen anhand falscher Selbstbezichtigungen auf die Zensur rings um den „Spezialeinsatz in der Ukraine“ – und schon trifft das 1956 posthum in Druck gegebene Stück auch auf das gegenwärtige Russland zu, kann darüber hinaus aber auch grundsätzlich erhellend über Lügen und Videos in autoritären Staaten wirken." (Deutsche Bühne)

 

"Akut gegenwärtig wird die Aufführung, wenn die Performerin Antonina Romanova nur per Video auf der Bühne auftaucht und betont, in einem Keller in der Ukraine zu sitzen – und erklärt, die Sprache der Aggressoren derzeit nicht sprechen und daher auch den Russland-kritischen Evreinov-Text nicht spielen zu können. Das gehört nicht zur Show, das ist ein authentisches Statement."

(TAZ)

Theater für sich

Nikolaj Evreinov, Steps of Nemesis

Mehr zu Nikolaj Evreinov, Steps of Nemesis

translated by Zachary Murphy King, ed. by Gleb J. Albert und Sylvia Sasse

Theater für sich

Nikolaj Evreinov, Theater für sich

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Sturm

Nikolaj Evreinov u.a., Sturm auf den Winterpalast

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