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Das Forschungsprojekt befasste sich mit Gerichtsprozessen gegen literarische und künstlerische Werke sowie deren Autoren und Kuratoren; ein besonderer Fokus lag auf der russischen Literatur und Kunst seit 1990.
Grundlage der Analyse bildeten die Dokumente der Gerichtsprozesse (Anklageschriften, Verteidigungsschriften, Gutachten der Experten aus Literatur- und Kunstwissenschaft, Protokolle von Zeugenaussagen, Urteile), die Inszenierung der Gerichtsprozesse (öffentlich versus nichtöffentlich, Auftritte der Ankläger, Verteidiger, Richter, Zeugen, Rolle des Publikums) und die mediale Inszenierung ausserhalb des Gerichtssaales.
In diachroner Perspektive wurde untersucht, welchen Stellenwert die Freiheit der Kunst in unterschiedlichen politischen Systemen hat, welche Vergehen wann und warum 'Konjunktur' haben und wie sich der Kunstbegriff in Korrelation zum Rechtsverständnis und umgekehrt entwickelt. Dabei wurde die problematische Unterscheidung von Intertextualität versus Plagiat, Appropriation versus Copyright, Mimesis versus Verletzung der Persönlichkeitsrechte, Fluch und Schimpf als literarische Rede versus Blasphemie als zwei Seiten einer Medaille, d.h. als künstlerisches Verfahren und als (Straf)-Tatbestand analysiert.
In synchroner Perspektive wurde über einen internationalen Vergleich gezeigt, wie – insbesondere seit 1990 – die Grenzen der Freiheit von Kunst und Literatur immer wieder neu abgesteckt werden: zum einen durch den Einfluss neuer politischer und religiöser Ordnungen, zum anderen durch die stetige Erprobung neuer künstlerischer und technischer Verfahren.
Projektleitung: Prof. Dr. Sylvia Sasse
Mitarbeit: Sandra Frimmel M.A.: "Kunsturteile. Gerichtsprozesse gegen Kunst, Künstler und Kuratoren in Russland seit der Perestroika"
Matthias Meindl: "Postsowjetische und sowjetische Gerichtsprozesse gegen Literatur",
Assoziiert: Mara Traumane M.A. und Gianna Fröhlicher lic. phil.
Artikel über das Projekt "Kunst und Literatur vor Gericht" im Unimagazin (PDF, 1 MB).
Kunsturteile. Gerichtsprozesse gegen Kunst, Künstler und Kuratoren in Russland nach der Perestroika, Wien, Köln, Weimar: Böhlau 2015.