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Dissertationsprojekt von Mia Mader
Nach dem Zerfall Jugoslaviens 1991 wurden neben den neu entstandenen Staaten auch neue Standardsprachen definiert. Aus der serbokroatischen Standardsprache, die in Kroatien, Bosnien, Serbien und Montenegro in verschiedenen Varietäten benutzt wurde, verselbständigten sich zunächst Kroatisch und Serbisch, danach Bosnisch und Montenegrinisch. Das Serbokroatische war und ist jedoch immer noch eine polyzentrische Sprache. Es basiert auf dem gleichen štokavischen Dialekt und einer überwiegend phonetischen Orthographie.
Das geplante Dissertationsprojekt verfolgt als Ziel eine deskriptive Bestandsaufnahme der sprachlichen Veränderungen in Kroatien seit 1991. Die bedeutendsten Veränderungen sind auf lexikalischer Ebene zu beobachten, da Anfang der neunziger Jahre des 20. Jh. eine Flut von Neologismen geprägt wurde. Einige kroatische Sprachwissenschaftler und Sprach-aktivisten setzten alles daran, die kroatische Sprache zu „reinigen“.
Der Sprachpurismus, welcher eine lange Tradition in Kroatien hat, erlebte eine neue Blütezeit. Es wurden Wörter wiederbelebt, die längst nicht mehr im Sprachgebrauch waren, und neue erfunden. All dies geschah mit dem Ziel, die Unterschiede zum Serbischen zu vergrössern.
Es gibt auch eine Reihe grammatischer Neuerungen, die interessanter, da tiefgreifender als die lexikalischen Veränderungen sind. Diesen soll in der Untersuchung besondere Beachtung geschenkt werden. Das zu untersuchende Thema ist in der Forschung umstritten. Es herrscht weder Konsens über die Klassifikation der Sprache, noch über ihre Benennung. Um den aktuellen Usus zu erforschen, wurde als zentraler Punkt der Untersuchung eine Umfrage entworfen und unter Sprechern aller Bildungsgrade und Altersstufen in unterschiedlichen Regionen durchgeführt. Daneben wurde der Usus im Alltag, in den Medien, im Schulunterricht und in verschiedenen Terminologien beobachtet.
Im Rahmen der Untersuchung stellt sich zusätzlich die Frage, welche Rolle die intensive Sprachpflege in Kroatien im Prozess der Nationsbildung spielt, und ob dieser schon abgeschlossen ist oder noch andauert.
Erstbetreuer: Prof. Dr. Daniel Weiss